Hallo,

schon öfter habe ich gelesen, dass Breitrandschildkröten die Hibernation zeitweise unterbrechen würden.
Mich interessiert, ob jemand dies bei seinen Tieren dieses Jahr schon beobachten konntet. Und falls ja, unter welchen Umständen, zu welcher Zeit, bei welchen Temperaturen wie lange?
Diesen Winter gab es hier in Baden-Württemberg bisher einige sonnige aber vor allem viele milde Tage und es war insgesamt wärmer als es um die Jahreszeit üblich ist. Meine adulten TM haben auch im Winter jederzeit die Möglichkeit von der Grube ins Frühbeet zu gehen. Was sie aber bisher nicht gemacht haben, denn sie starren ruhig. Ist das jetzt ein gutes Zeichen oder nicht? Mein Frühbeet ist kameraüberwacht, Bewegungen würde ich sehen.

Hallo Pumuckl,

da meine Landschildkröten (u.a. Marginatas) vergraben überwintern, reagieren sie nicht auf einzelne warme Tage.
Erst wenn es Ende Februar/Anfang März längere Zeit frühlingshafter wird, kommt wieder „Leben" in die Truppe.

Wenn ich meinen Temperaturlogger auslese, bin ich immer verblüfft, wie der Boden schon wenige Zentimeter unter der Oberfläche Temperaturschwankungen nach unten sowie oben abpuffert.

Viele Grüße

Klaus

Meine Schildkrötenbekannten, von denen einige auch Breitrandschildkröten pflegen, haben noch nie berichtet, dass ihre Tiere den Winterschlaf unterbrechen. Ich denke, das liegt daran, dass die Tiere entweder im kalten Keller, im Kühlschrank, in externen Überwinterungsgruben oder unter den Frühbeeten ruhen. In den Überwinterungsgruben, gleich ob extern oder unter dem Frühbeet sind die Tiere gut isoliert. Bei meinen Griechen liegt eine dicke Laubschicht auf der Erde, die sowohl gegen Hitze wie auch gegen Kälte isoliert. Über den Frühbeeten liegen dunkle Planen. Wenn die Breitrandschildkröten ebenso überwintert werden, unterbrechen sie auch nicht den Winterschlaf. Wo sollten sie auch hin, wenn sie ihn unterbrechen würden? Bei mir ist alles kalt und dunkel.
In Griechenland, so weiß ich von Beobachtern dort, kommen vor allem die Jungtiere im Winter mal hervor, wenn die Sonne scheint.

Zu dem Thema habe ich mir vor Jahren einen Auszug aus Bernd Pitzers Aufzeichnungen von Januar 2002 kopiert. Bernd führte lange Zeit eine Wildtierpflegestation in Nordgriechenland. Die Wildtiere waren hauptsächlich Landschildkröten.

Hier seine Berichte:


Frostschutz im Blut ?
Auf den Strassen geht nichts mehr. Bergdörfer sind von der Außenwelt abgeschnitten. Bäume; die ihre Schneelast nicht mehr tragen können, neigen sich in die Horizontale und bilden unüberwindliche Barrieren - reißen Stromleitungen nieder. Telefone und Heizungen fallen in vielen Dörfern aus – die Menschen frieren in ihren Häusern.
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Ich berichte nicht von Sibirien oder Alaska, sondern aus dem Land der ewigen Sonne – Griechenland.
Nur wenige Olivenbäume, Palmen und Eukalyptus haben die Katastrophe in unserer Region überlebt.
Ein Jahrhundertwinter? Klimaveränderung? Auf jeden Fall eine sehr harte Prüfung für mich.
Bei Sonnenschein und 23°C ziehe ich mit Sack und Pack, 80 Nachzuchten von 2001 und 21 adulten
Schildkröten - die noch ein weiteres Jahr meiner Hilfe bedürftig sind, ins zukünftige Schutzgelände für Wildtiere. Es ist Mitte November - die Olivenernte ist auf dem Höhepunkt.
Provisorisch wird ein kleines Gehege für die Nachzuchten errichtet und ein Teil des Gartens für die
„Invaliden“ eingezäunt. Um für den Winter gewappnet zu sein, baue ich mir aus feuerfesten Steinen einen Grundofen, der mir auch warmes Wasser fürs Bad liefert. Das Holz für den Ofen ist unter einer kräftigen Plastikplane vor Regen geschützt und auf dem Dach turnen zwei Techniker, die eine kleine Solaranlage montieren, die mich mit Strom für Beleuchtung und Radio versorgen soll. Die Hälfte der Kosten für die Solaranlage wurde vom „Schildkrötenfreunde Horst e.V.“ finanziert – DANKE!
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Anfang Dezember beginne ich mit dem Bau eines Geheges für die künftigen Nachzuchten – etwa 70 qm groß, in mehrere Abteilungen unterteilt. Das Gehege ist gegen Raubzeug komplett von Maschendraht umgeben.
Der erste Schnee fällt – viel zu früh – eine kleine Laune der Natur?
Die Nachzuchten werden in großen, mit Erde und Laub gefüllten Eimern im Boden vergraben. Die „Invaliden“ suchen Schutz in einem großen Haufen, aufgeschichtet aus Zweigen, Erde und Laub.
Mitte Dezember liegt bereits über ein Meter Schnee – und es schneit weiter!
Nun schafft es auch mein 20 Jahre alter Toyota 4 WD nicht mehr auf den Berg. Bis zur nächsten befahrbaren Straße sind es zwei – bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit sind es fünf Kilometer.
Ich muss meinen Wagen auf halber Strecke im Tiefschnee stehen lassen - bastele mir aus einem großen aufgeschnittenen Benzinkanister einen Schlitten, und ziehe so, mit einem Gurt über der Schulter, meine Lebensmittel zum Haus.
Die Schneemassen haben in der Zwischenzeit die Plane über dem Holz zerrissen – ein Meter Schnee auf der Solaranlage zeigt mir, dass man auch mit Kerzenlicht auskommen kann – jedoch geht die Romantik schnell verloren, wenn man mit nassen Holz heizen muss und das Haus den Isolierwert eines Steilwandzeltes hat. Zwei Wochen dauert das Chaos an, dann geht die Sonne auf.
Hartnäckig bleibt der Schnee auf den Solarpaneelen liegen. Nach zwei Tagen sind etwa 20 % der Paneele frei – die Anlage liefert endlich wieder etwas Strom.
Nach weiteren zwei Tagen ist fast die gesamte weiße Pracht geschmolzen. Die Tagestemperaturen liegen bei – 3°C, nachts fällt das Thermometer auf –5°. Die Sonne hat bereits soviel Kraft, dass ich mein Frühstück auf der Terrasse einnehme, und die ersten Marginatas zwischen kleinen Schneefeldern ein Sonnenbad nehmen.
Am 5. Januar erfolgt eine plötzliche, für Reptilien dramatische Wetterveränderung.
Die Region welche ich beschreibe, liegt bei NW Wind im Lee (Windschattenseite) des fast 3.000 m hohen Olymp. Keiner hat's gemessen, jedoch liegen nach meteorologischen Berechnungen zu dieser Zeit die Temperaturen auf dem Gipfel des Berges bei – 30°C. Der Gipfel ist (Luftlinie) etwa 15 km von meinem Gelände entfernt.
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Wetterbeobachtung aus meinem Tagebuch:
05.01.2002 10:00 Uhr - 3°C, 0/8 Bewölkung, einige Marginatas liegen in der Sonne.
12:00 Uhr - 2°C, 7/8 Bewölkung, 4 Bft. aus NNW.
20:00 Uhr - 9°C
Der eisige Wind, der über die Gipfel des Olymps fegt, lässt die Natur erstarren.
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06.01.2002 10:00 Uhr - 2°C, 7/8 Bewölkung
12:00 Uhr - 2°C, 7/8 Bewölkung
20:00 Uhr - 12°C
Am nächsten Morgen finde ich, nur von ein paar dürren Zweigen bedeckt, drei Marginatas am Boden festgefroren. Die Tiere sind von einer dünnen Eisschicht überzogen. Sämtliche Gliedmassen sind steinhart. Bei allen drei Tieren handelt es sich um Pfleglinge, die zum Teil schon seit zwei Jahren behandelt werden. (Für Insider: Glatze 1 & 2 und Vasili.)
Ich glaube, dass sich jeder von euch meine Stimmung vorstellen kann. „Du hättest fotografieren müssen“ – höre ich nun von vielen Fachleuten. Nun; im Nachhinein ärgere ich mich schon ein wenig, dass ich keine Fotos gemacht habe. Jedoch habe ich schon so viele tote Schildkröten gesehen, einige auch töten müssen – für mich waren die Tiere tot. Trotz dieses Wissens suchte ich alte Decken und Pullover zusammen, um die Tiere abzudecken.
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Bis zum 08.01.2002 bleibt mir diese Wetterlage erhalten. Die Nachttemperaturen liegen jedoch nur noch bei – 2°C. Auch tagsüber steigt das Thermometer nicht über den Gefrierpunkt.
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Bis zum 12.01.2002 liegen die Tagestemperaturen um den Gefrierpunkt. Nachts fällt das Thermometer auf – 3°C.
Die nächsten Tage sind verregnet mit Temperaturen um 8°C, jedoch herrscht noch immer Nachtfrost.
Damit es nicht langweilig wird, hier ein Auszug aus meinem Tagebuch:
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18.01.2002 10:00 Uhr, plus 6°C, 8/8 Bewölkung, Nachmittag plus 8°C, nachts plus 5°C,
Schneegrenze bei 500m.
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19.01.2002 10:00 Uhr, plus 6°C, 8/8 Bewölkung, Nachmittag plus 8°C, Nord 3 bft. Nachts plus 5°C.
Die drei „Tiefgefrorenen Marginatas“ sind unter den Decken und Pullovern hervorgekrochen!
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28.01.2002 10:00 Uhr, plus 11°C, 1/8 Bewölkung, Nachmittag plus 17°C, nachts plus 6°C.
Die ersten Paarungsversuche bei den Marginatas!
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Aus medizinischer Sicht sind meine Beobachtungen nicht haltbar, da Wechselwarme Tiere ihre Körpertemperatur nicht erhöhen können - die Blutkörperchen müssten bei solch starkem Frost platzen.
Dieser Fall bestätigt jedoch meine langjährigen Feldbeobachtungen: Schildkröten halten keine zusammenhängende Winterruhe. Selbst in Nordgriechenland treffe ich regelmäßig bis Ende Dezember Thb und Tm in der Sonne liegend an.
Je nach Wetterlage sind Mitte Januar die Tm auf der Peloponnes schon unterwegs.
„Sonnenschein mit Zähnen“ nennen die Griechen dieses Wetter - T-Shirt in der Sonne und Mantel im Schatten. Erkältungen beim Menschen sind vorprogrammiert. Aber wie schaffen es die Schildkröten? Wo die Tiere sich eben noch bei 20°C sonnten, fällt das Thermometer plötzlich um etwa 17°, wenn die Sonne hinter dem Berg verschwindet – zu kalt, zu steif, zu unbeweglich, um sich für die Nacht frostsicher einzugraben.
Müssen Schildkrötenhalter die Überwinterungsmethoden überdenken?
Bernd Pitzer

Vielen Dank euch für die Antworten. Es ist also recht unterschiedlich je nach ursprünglichem Herkunftsgebiet und aktueller Überwinterungslage. Richtig eingegraben sind meine Marginatas nicht, nur ein Stück und darüber liegt dann eine Schicht Laub.

@Bali: dann bin ich gespannt. Februar ist es bald! Überwinterst du deine Arten gemeinsam? Sind es dann bei dir immer die Marginatas, die zuerst aktiv werden?

Ein ergreifender Bericht @Hannelore, kaum zu glauben, dass die Tiere eingefroren waren und kurze Zeit später begannen, sich zu paaren. Es sind dermaßen faszinierende Tiere!

Hallo Pumuckl,

ich schrieb „Ende Februar/Anfang März". Gedulde Dich noch etwas :-)

Die Marginats sind etwas früher als die Thbs, so wie sie auch das ganze Jahr über morgens die ersten sind.

Viele Grüße

Klaus

Der Bericht von Herrn Pitzer hat mich auch sehr bewegt...

Danke fürs einstellen liebe Hannelore !

Hallo,

also in der Kellerüberwinterung wachen die Marginartas bei mir nicht auf und starren so wie alle anderen Schildkröten bei mir. Es herrscht absolute Ruhe.
Ich habe auch keine Probleme, keine Krankheiten, keine Todesfälle.
Einen absoluten Bedarf nach Aufwachzeiten gibt es meiner Meinung nach nicht. Es ist möglich, wenn die Umgebung es hergibt.
Aber erzwingen braucht man das nicht. Geht im Keller auch schlecht.

LG Harald

Zitat von gunda im Beitrag #9

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Bedenken, sie in den Kühlschrank zu packen. Ich bin ziemlich sicher, dass dieses zwischenzeitliche Auftauchen und Aktivieren des Stoffwechsels eine Funktion erfüllt. In meiner Studie zu den Todesfällen während der Überwinterung, waren im Kühlschrank überwinterte Marginata überproportional betroffen.

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Zitat von Pumuckl im Beitrag #11

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weil dieses artspezifische Verhalten

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Ich habe zwei semiadulte TM, diese überwintern in einer Grube unter dem Frühbeet - bisher ist noch nie eine im Winter aufgetaucht. Das Frühbeet decke ich erst bei dauerhaft kalten Temperaturen mit Styropor ab, danach ist es natürlich abgedunkelt, aber auch bis dahin tauchte keine der zwei auf.
Ein Jahr hatte ich sie im Kühlschrank überwintert, leider zeigte sich bei einer dann ein leicht roter Bauch - habe sie dann nach einem Bericht in lauwarmen Wasser gebadet und geschaut, dass die Temperatur im Frühbeet nicht zu sehr sinkt (sie also aktiv blieb). Innerhalb 1-2 Wochen war der Bauch wieder normal gefärbt, jedoch überwintern sie seitdem im Frühbeet.

Zitat von Bali im Beitrag #12

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Weil bei einigen Haltern die Marginatas aufwachen gleich von artspezifischem Verhalten sprechen?

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