Parallel zu dem Thema "häufige Gelege" möchte ich diesen Thread öffnen. Was ich hier sagen will, ist mir sehr, sehr wichtig, so dass ich es vielleicht öfter sagen werde.

Ich gehe von den Iberas aus. Sie haben ein relativ weites Verbreitungsgebiet - von Rumänien über die Türkei bis Georgien - und kommen mit den unterschiedlichsten Bedingungen zurecht. Sie kommen vom Meeresspiegel bis in Gebirgsregionen vor. Warmes Klima an der Südküste der Türkei, raues in Gebirgslagen in Rumänien und Bulgarien. Steppenartige bzw. fast wüstenartige Zustände in Asien oder im Schutzpark der Region Ropotamo: Sand, Sand, Sand. Dazu kommt noch, dass sie aus Gebieten verdrängt wurden, die sie einstmals besiedelten, z.B. in Bulgarien, wo sie ähnliche Nahrungsbedingungen wie bei uns hatten.

Und ich mache ein virtuelles Experiment. Ich transportiere Iberas aus verschiedenen Gebieten in andere Habitate, die jeweils ganz andere klimatische Bedinungen haben. Und ich bin überzeugt, dass gesunde Tiere damit keine wesentlichen Probleme hätten. Worauf ich hinaus will: Die Schildkröten haben eine unglaublich weite Bandbreite - sicher genetisch angelegt - von Möglichkeiten, sich in der Umwelt zu behaupten. Sie würden sogar in den wärmsten Gebieten Österreichs überleben, wenn es Habitate gäbe, wo sie Ruhe hätten. Und in besonders warmen Sommern würde es sogar Nachwuchs geben.

Das müssen wir bei unseren Diskussionen immer bedenken. So überleben Schildkröten sogar ohne Frühbeet im Erzgebirge. Die meisten von uns denken, dass sie mit Frühbeeten und Glashäusern besser fahren. Die Schildkröten stecken alles weg, weil sie genetisch dazu in der Lage sind.

Es müssen nur wirklich einige Grundbedingungen erfüllt sein: keine Terrarienhaltung, Freilandhaltung in einem strukturierten Gehege mit Unterschlupf, das im Laufe des Tages auch ausreichend Sonne bekommt, ausgewogene Ernährung vorwiegend mit Wildkräutern, vernünftige Überwinterung ab dem ersten Jahr. Ach ja, noch was: Wenn man zuheizt, damit sparsam umgehen. Diese Anforderungen würde ich für die Grundpfeiler der Haltung europäischer Landschildkröten halten.

Reichliches Angebot von Nahrung in diesem Jahr ist vielleicht nicht so, wie es eine durchschnittliche Schildkröte in den heutigen Habitaten hat. Es ist aber keine Katastrophe, selbst wenn es diese pyramidale minimale Hockerbildung geben sollte, wie man sie manchmal auch in der Natur findet.

Ich verbringe Stunden in den großzügig angelegten Gehegen und kenne meine Tiere sehr genau. Solang sie diese sichtliche Lebensfreude zeigen, solang sie mit Energie und der Frage "Was kostet die Welt?" durch die Gehege gehen, freue ich mich mit ihnen und bin dankbar, dass es so wunderbare Wesen gibt.

Liebe Grüße!

Herbert

Zitat

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Sie würden sogar in den wärmsten Gebieten Österreichs überleben, wenn es Habitate gäbe, wo sie Ruhe hätten. Und in besonders warmen Sommern würde es sogar Nachwuchs geben.

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Vergiss aber hierbei die Winter nicht ! Dass sie hier allein, ohne Schutzhäuser, Lampen, Fütterung etc. überleben könnten: Klar !
Aber: es würden nur wenige die Winter überstehen und -trotz warmem Sommer- würden in der Mehrzahl wohl nur noch Männchen schlüpfen.
Und da könnt ihr Männer machen, was ihr wollt: allein reproduziert ihr euch nicht

Im Fokus war ein Bericht von 2 Boettgeri, die seit urdenklichen Zeiten auf einem aufgelassenen Friedhof in Deutschland lebten und vielleicht noch immer leben. Ganz allein. Auch eine ausgebüxte Ibera hat bei mir ohne mein Zutun den Winter im Freien verbracht. Bedenke: Auch im Habitat in Bulgarien gibt es fallweise minus 20 Grad.

Das Problem bei uns ist das fehlende Habitat und die Zeitigung der Eier.

Liebe Grüße!

Herbert

Hier gebe ich Herbert absolut recht. Der Winter ist überhaupt kein Problem. Wenn es Schwierigkeiten mit der Überwinterung gibt, dann weil es zu warm ist. Ich habe schon mehrere Draußenbleiber gehabt. Da gab es Temp. von -22 Grad. Da passiert gar nichts, wenn sie sich tief genug einbuddeln kann. Aber ich glaube, die beheizt aufgewachsenen Tiere haben nicht mehr den Instinkt und sind verhätschelt.
Auch mit den Männchen bin ich nicht der Meinung. Es würde auch Weibchen geben und eine Schildkröte bräuchte in 100 Jahren nur einmal Jungtiere um sich zu reproduzieren.
Die äußeren Bedingungen sind aber leider nicht mehr gegeben. Selbst in den Herkunftsländern sieht es schlecht aus.
Wie haben die Schildkröten die Eiszeit überlebt?
LG Harald

Zitat von Emys64 im Beitrag #4

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Wie haben die Schildkröten die Eiszeit überlebt?

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Ich habe einmal in einem Aufsatz gelesen, dass die europäischen Schildkröten sich heute dort befinden, wo sie von der Eiszeit nicht verdrängt wurden. Wenn das stimmt, dann hatten sie einiges an Kälte ausgehalten.

LG Herbert

Zitat

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Zitat von Emys64 im Beitrag #4
Aber ich glaube, die beheizt aufgewachsenen Tiere haben nicht mehr den Instinkt und sind verhätschelt.

Meinst du, dass sie ihren Instinkt verlieren? Eigentlich ist das ja nicht möglich. Meine Amanda, die 20 Jahre hinterm Sofa überwintert hat, gräbt sich allerdings nicht so tief ein wie ihre Artgenossen und kommt sehr früh wieder zum Vorschein. Zufall? Hast du Erfahrungen mit Schildkröten, denen der Instinkt, sich zu vergraben, abtrainiert wurde?

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Schon wieder dieses Wort Was heißt "verhätschelt"??????????????

Einen INSTINKT kann man nicht abtrainieren oder durch Verhätschelung negieren. Ein Instinkt ist da und wird ausgeübt.
Wiki: Instinkt – wörtlich: Naturtrieb – bezeichnet meist die unbekannten, inneren Grundlagen („Antriebe“) des vom Beobachter wahrnehmbaren Verhaltens eines Tieres. Diese Bezeichnung wurde in der Verhaltensforschung und der Psychologie jedoch nie eindeutig definiert, sondern von unterschiedlichen Autoren jeweils unterschiedlich verwendet.

Keinem Tier kann man durch Verhätschelung den Instinkt nehmen. ABER man kann ihn wegzüchten ! Hier sind die Menschen bei Hunden wahre Künstler (im negativen SInne). Inwieweit dies bei Schildkröten funktioniert, weiß ich nicht. Vielleicht meinst du eine zu hohe Bruttemperatur mit verhätscheln ???

LG Gundi

Liebe Gundi,
ganz klarer Widerspruch.

Am Wort Instinkt kann man sich evtl. streiten. Nennen wir es lieber natürliche Verhaltensweisen. Eine Schildkröte, die aus Terrarienhaltung kommt und dann ins Freiland übersiedelt, zeigt deutlich andere Verhaltensweisen. Die sind ruckzuck erkältet, wissen nicht wie ein Tagesrhytmus funktioniert und wie man Futter sucht. Die Instinkte sind noch irgendwo da, da hast du recht, es dauert aber Jahre bis sie wieder zum Vorschein kommen.
Ich habe schon mehrere socher Kandidaten als Abgabetier bekommen und war froh sie schnell wieder abzugeben. Die sind verhätschelt und ja, das geht beim Brüten schon los.
In der Natur ist es Nachts genauso kälter wie bei uns auch. Also sollte das beim Brüten auch so sein. Von 22 bis 6 Uhr ist bei mir die Heizung aus.
Ich kann mich nur wiederholen: Von der Natur abschauen ! Geht nicht 1:1 aber grundlegend doch.
Panzer einölen, vor der Winterruhe baden, Schlüpflinge nicht überwintern u.s.w. war alles mal angesagt. Wer macht das in der Natur? Keiner ! Hat sich alles zum Guten geändert.
LG Harald

Ok - Harald. Wenn du diese Erfahrungen gemacht hast, glaube ich dir das natürlich.
Trotzdem bin ich darüber extrem erstaunt (bzgl. Instinkt)

Mit den Temperaturen sehe ich an mir auch, dass ich damit dies Jahr viiiel gelassener bin. Allerdings sind meine Kleinen nun auch schon 4 Jahre.

Harald, du gehst von Bedingungen, wie sie bei Dir herschen aus. Bei uns kann sich keine Schildkröte tief eingraben. Es kommt überall steiniger Boden. ich befürchte, hier würde fast keine den Winter ohne menschliche Hilfe überleben. Und bei nur ab und zu tiefen Temperaturen friert der Boden auch nicht so weit rein.
Vor allem, wenn Schnee liegt. Aber kein Schnee und über Wochen tiefe Minusgrade.... arme Schildkröte, wenn sie nur unter Buschwerk vergraben ist.
Bei uns hier wird Mai, bis endlich mal warme Tage sind. Ohne Frühbeet wäre das Jahr hier viel zu kurz. Und was ist verhätscheln? Ein großes Freigehege?
Terrarienhaltung ist nicht verhätscheln sondern falsche Haltung, nicht artgerecht. Unter verhätscheln verstehe ich, wenn ich immer otimale Bedingungen schaffe, also immer das Beste und nicht das schlechteste.

Meine Veccia hat nach über 60 Jahren, wo sie das nicht konnte, in den letzten drei Jahren vorbildliche Legegruben ausgehoben und verschlossen. Vielleicht hatte sie nie in ihrem Leben vorher die Gelegenheit, eine Eigrube zu graben. Also so stark ist der Instinkt.

Ich hab aber beobachtet, dass bei der Vorbereitung für den Winter die Schildkröten schludrig werden, wenn sie das Sich-Vergraben nicht nötig haben.

LG: Herbert

Meine Freundin hat heuer eine Thb-Dame aufgenommen, die ca 50 Jahre in einem Bananenkarton mit einem Männchen leben musste.
Gestern hat Wally nach einigen Probegrabungen ein Loch ausgegraben und 8 Eier gelegt. Ich denke die Tiere verlernen nichts und wenn sie die Möglichkeit haben, werden sie ihr genetisches Programm abspulen wie in der Natur auch.

Hallo Phobos,

Du schreibst: Terrarienhaltung ist nicht verhätscheln sondern falsche Haltung, nicht artgerecht. Unter verhätscheln verstehe ich, wenn ich immer otimale Bedingungen schaffe, also immer das Beste und nicht das schlechteste.[/quote]

Immer optimale Bedingungen ist kein verhätscheln. Denn die Bedingungen, die optimal sind, sind optimal.
Im Terrarium sind die Bedingungen eben nicht optimal sondern schlecht. Die Wiiterungseinflüße werden ausgeblendet. Besser wie optimal geht es nicht! Und zu optimal gehört alles was es in der Natur auch gibt.
Städig gleiches Klima ist suboptimal, also verhätschelt!
LG Harald

Wenn ihr nur Felsen habt, gebe ich dir natürlich recht. Es ging mehr ums Allgemeine. Die speziellen Bedingungen sind natürlich zu berücksichtigen.